Oldie but Goldie
Dies ist die Geschichte eines Kultfahrzeuges, das eigentlich schon zum Verschrotten frei gegeben wurde, aber doch noch eine zweite Chance verdient hat.
Mein Name ist Thomas Pöll, ich war schon immer ein wenig Oldtimerverrückt; nach einigen Käfern und anderen verrückten Projekten sprach mich vor ca. 10 Jahren ein Bekannter an; ob er denn so ein Kabinen Moped zum Verschrotten auf den Recyclinghof bringen könnte.
Wie schon erwähnt war ich immer aufnahmebereit für alte Fahrzeuge, und so gab es kein Zurück, ich musste das arme Ding retten. Nachdem wir handelseinig wurden ,“Gib halt ein wenig Geld für die Sparbüchse meiner Tochter her“ wurde das Kabinenmoped ein wenig unsanft auf einen normalen PKW Anhänger verladen und nach Hause gekarrt.
Dort angekommen erntete ich erst einmal die ungläubigen Blicke meiner mich liebenden Frau mit den Worten: “Was willst denn mit dem Ding da machen??“ .
Nun ja fürs erste wollte ich es nur restaurieren und im Sommer für den Weg zur Arbeit nutzen. So stand der Meister als Wrack in einer Ecke im Garten. Aber wie der Zufall so spielt, lernte ich bei einem Heurigenbesuch einen Herrn aus Mauerbach kennen, und dieser erzählte von seinem Sohn der Motorradrennen mit Elektromotorrädern bestreitet. Nun ja da war die Idee schon geboren. Einen alten Stapler Motor, ein wenig Elektronik, ein paar Kabel und eine Batterie; das müsste doch leicht zu bauen sein. Als ich diese Idee meiner Frau mitteilte hätte ich schon fast ein Zimmer in der Nerven Heilanstalt von ihr zugewiesen bekommen. Aber meine Frau kennt mich und hält so einiges an Auto Umbauten usw . aus.
Also gesagt getan, ein alter bzw. neu überholter Stapler Motor war rasch gefunden und auch 4 Stück 200 Ah Batterien aus einem Elektroboot waren bald aufgetrieben. So motiviert ging´s ans Umbauen. Wochenlang bzw. monatelang duftete das Haus nach Schweissen und Schleifen und die ganze Garage und die Terrasse waren Werkstätte.
Voll Tatendrang schrieb ich an die Zulassungsstelle ob man so etwas umbauen und wieder zum Verkehr zulassen könnte?
Nun ja nach drei Wochen kam der erste Anruf wegen dem Umbau. Der nette Herr am Telefon erklärte mir: grundsätzlich schon, aber man würde zum Typisieren ein Umbau-Gutachten, ein Lärm-Gutachten und auch ein Abgas-Gutachten benötigen.
Als ich erwiderte, dass das Fahrzeug mit dem Elektromotor weder Abgase noch Lärm verursachen werde ,wurde ich an einen Kollegen weitergeleitet der nur Elektrofahrzeuge typisiert, und dieser gab mir dann die Hinweise mit denen ich nichts anfangen konnte. Grundsätzlich, so teilte er mir mit müsse das KFZ nach der EU Regelung 100 der europäischen Kommission gebaut werden. Und dann noch einige Gutachten usw. usw.
Na ja das klang ja nicht so einfach .Was ist diese EU Regelung denn?
Internet sei Dank hatte ich diese bald gefunden. Nun da geht es um diverse Absicherungen und EU- Prüfrichtlinien und so weiter. Großes Fragezeichen. In der Zwischenzeit hatte ich Kontakt mit einer Firma in Bayern aufgenommen die Elektrofahrzeuge für Flughäfen ausrüstet und so unternahmen wir, meine Frau, ich und der aufgearbeitete Motor eine Reise nach Burghausen in Deutschland.
Der Geschäftsführer war sehr nett und auch sehr hilfsbereit, meinte aber der Motor ist 30 Jahre alt und eine Steuerung dafür zu konstruieren würde sich nicht auszahlen. Er stellt mir eine Antriebseinheit zusammen die in heutigen Staplern Standard wäre und den alten Motor solle ich für etwas anderes nehmen.
Wie schon erwähnt habe ich eine mich und meine Hobbys liebende Frau, denn schon jetzt stieg das Budget des Projektes auf die Höhe von 2 Monatsgehältern.
Nun ja die Batterien waren natürlich auch zu schwer und so mussten neue her. Ein Satz Bleigel- Traktions Batterien war bald um ein Monatsgehalt gekauft und der Rahmen des Meisters dafür umgeändert.
Ich hatte auch schon einen Ziviltechniker gefunden, der das Fahrzeug nach der EU Regelung prüfen würde und baute so munter weiter.
Der Rahmen wurde sandgestrahlt und spritzverzinkt, die Karosserie abgeschliffen und in der originalen Farbe Blau lackiert.
Für die Frontscheibe aus Kunststoff mit Glaseinsatz einer Heckscheibe eines Puch 500 wurde ein Modell angefertigt , und eine Kunststoffglas verarbeitende Firma mit der Nachfertigung beauftragt.
Nach einigen Umbauten der Radaufhängung, stärkeren Federn, Einbau eines Stabilisators usw. erfolgten erste Testfahrten in der Umgebung.
Meistens waren diese Fahrten nur zur Feuerwehr oder zum Einkaufen in der Umgebung.
Der Ziviltechniker wurde beauftragt, das Fahrzeug nach der EU Regelung zu überprüfen. Dieser kam mit 4 Koffer voll Messgeräten, ließ sich diesen Umbau erklären und sah sich das Fahrzeug erst einmal genau an.
Nach einer Stunde messen und testen stellte er das Gutachten aus und die erste Hürde war geschafft.
Da der Meister ja noch keine Zulassung hatte, war ich nur mit einem 10 Kilometer Taferl als Fuhrwerk unterwegs.
Ungläubige Blicke und interessante Gespräche waren schon vorprogrammiert wo immer ich auftauchte.
Meistens wurde die Beschleunigung und das Kurvenverhalten diskutiert. Aber nach einigen Vorzeige-Fahrten konnte so mancher Zweifler eines besseren belehrt werden. Nun kam die Zeit des Typisierens und dafür musste das Fahrzeug bzw. die Steuerung auf 40 Stundenkilometer eingestellt und programmiert werden.
Das hieß immer wieder fahren, messen, umdrehen, einstellen, programmieren.
Irgendwann, genau eine Woche vor dem Termin bei der Zulassungsstelle kam ich auf die Idee zu testen wie schnell ich Rückwärtsfahren könnte.
Das ging super schnell vorwärts wie rückwärts ,aber die erste kleine Lenkbewegung beim retourfahren mit ca.30 km/h hatte die Folge das ich mich mit dem frisch restaurierten Meister fast überschlug .
Mit einer kaputten Scheibe und ausgehängter Türe vielen Kratzern und Dellen fuhr ich nach Hause.
Dummgelaufen und nur noch eine Woche Zeit zum Termin.
Nun wenn man einen Blödsinn macht muss man diesen auch ausbaden. Das hieß eine Woche von der Arbeit nach Hause in die Garage und um 2-3 Uhr früh ins Bett und wieder um 5 Uhr aufzustehen für die Arbeit.
Aber der Termin zum Typisieren konnte gehalten werden.
Mit stolzer Brust fuhr ich bei der Zulassungsstelle vor und präsentierte mein umgebautes Fahrzeug.
Als der Techniker den Meister erblickte kramte er Kindheitserinnerungen hervor ,und berichtete, dass sein Großvater auch so ein Werkel besessen hatte. Aber die waren damals schon unfahrbar, denn das Ding ist damals schon in der Kurve umgefallen.
Daher verstand er gar nicht warum sich jemand so etwas antäte , so ein Vehikel umbaut und so viel Geld hineinsteckt.
Wenn ich ehrlich sein soll, ich wusste zu diesen Zeitpunkt auch nicht wer so blöd sein könnte außer mir.
Nun ja die Typisierung war ein wenig aufregend, aber da ich einige Berechnungen, Prüfzertifikate für die Lichter und Leuchten und Gutachten vorweisen konnte, war die Typisierung nach ca. 1 Stunde erledigt und ich konnte den originalen Typenschein gegen eine Einzelgenehmigung tauschen.
Ich musste aber versprechen, keinen weiteren Meister auf Elektroantrieb umzurüsten. Außerdem war der 2 Sitzplatz nun den Batterien zum Opfer gefallen.
Seit dem bin ich im Sommer ob es stürmt oder regnet meisten mit dem Meister unterwegs und fahre damit regelmäßig in die Arbeit.
Die Umwelt reagiert oft verwundert oder schreckt sich da er fast nicht zuhören ist.
Auch bei der Parkplatzsuche ist das Fahrzeug super ,denn nur 2,2 m lang und 1.05 m breit, da ist gleich ein Parkplatz gefunden.
Der Meister ist ein richtiges Raumwunder, denn beim Einkauf haben schon einmal 4 Getränke Kisten Platz. Dann aber heißt es in der Kurve aufpassen sonst fällt der Meister um. Die Kurvenlage ist überhaupt so ein Thema. Die Leute die mir nachfahren haben immer Angst dass er umfällt, aber wenn der Punkt kommt haben die Reifen „8Zoll Durchmesser“ (Scheibtruhen Dimension) keine Traktion mehr und das Fahrzeug rutscht weg.
Das Fahrverhalten ist aber im Großen und Ganzen wie das sogenannte „Affe am Schleifstein“, und so mancher Testfahrer hat mehr Angst als die Geschwindigkeit genossen.
Zum Abschluss muss man sagen der Herr Meister aus Graz war damals aber schon seiner Zeit voraus und mit der Elektrotechnik von heute wäre dieser fast mit einem Renault Twizy und manchen anderen Klein Stadtfahrzeugen von heute zu vergleichen.
Den Bekannten der ihn einmal verschrotten wollte treffe ich auch des öfteren, und dieser kann noch immer nicht glauben, dass sein Meister wieder auf der Straße gelandet ist.
Ich habe ihn aber gebeten, falls er wieder einmal so etwas wegwerfen wolle, soll er bitte nicht mich um Rat fragen sonst gibt es vielleicht wieder einmal so ein verrücktes Projekt.
Wer in der Nähe von Maria Gugging unterwegs ist und so ein komisches blaues Auto ? auf drei Rädern sieht, das bin Ich und mein besonderer Meister K5.
Thomas Pöll
thomas-poell@tmo.at
PS:
Hier noch die ehemaligen Besitzer bzw. denen er treu als Weggefährte gedient hat.
1.Besitzer von 1969-1970 Herr Johann Jantsch
2.Besitzer Herr Wolfgang Wirth
3.Besitzer Herr Kurt Wirth
4.Besitzer Herr Roland Faux
Abgemeldet 1990 und 2008 wieder als Goldie umweltfreundlich zum Leben erweckt.
Hier ein Foto von Thomas Pölls Meister aus www.motomobil.at